Michael Hatzius - Echstasy - 13.10.2018 - Brühl

Brühl, Galerie am Schloss

Bei meinem ersten Besuch des Programmes "Echstasy" von Michael Hatzius, zwei Jahre zuvor, befürchtete ich noch, dass mir so viel Echse am Stück, wie großartig ich sie auch finde, vielleicht doch zu viel sein könnte. Aber dann zeigte sich, dass es außer der Echse noch andere, sehr schräge Mitspieler gab und Michael Hatzius mehr als einen Charakter überzeugend spielen konnte.

Natürlich räkelte sich immer mal wieder die selbstgefällige Echse breitbeinig auf ihrem Stuhl, wusste alles und das auch noch besser, und war rotzig und fies. Sie kannte und erklärte die Zusammenhänge der ganzen Welt seit dem Urknall. Dass hinter ihr Michael Hatzius als Puppenspieler saß, war schnell zu übersehen, so eigenständig und überzeugend agierte sie. Da stimmte alles. Von der Zigarre in der Hand bis hin zu den gewichtigen Pausen beim Erklären. Die Echse saß wie ein dicker Firmenboss mit Pate-Ambitionen im Chefsessel und dozierte. Boah, ich fand die Echse arrogant und unangenehm! Und gleichzeitig mochte ich sie sehr und lachte über ihre Macho-Sprüche. Sie war eben ein wunderbar runder, lebendiger Charakter. 

Aber auch mit den anderen Figuren zeigte Michael Hatzius, dass er überzeugend völlig verschiedene Charaktere darstellen konnte. Nur eins hatten sie alle gemeinsam: sie waren schräg. Ob es nun eine aggressive Karotte war, ein sanfter, ausgesprochen gewählt sprechender Märchenprinz oder die jammernde, hinterhältige Riesenzecke. Das kleine, steife und optisch nicht sehr ansprechende Huhn rührte die Herzen. Ich freute mich, dass eine einfache Figur - ohne jedes Augenrollen und Schnabelklappern - so viel Persönlichkeit hatte und so stark berühren konnte. Da steckte ein großartiger Puppenspieler dahinter.

Intelligent und schlagfertig nahm Michael Hatzius das Publikum mit, ging auf Zurufe und aktuelle Vorkommnisse ein, lästerte über die Region und sprach Leute aus dem Publikum an. Eine Dame holte er auf die Bühne, um ihr von der Echse ein persönliches Enten-Horoskop geben zu lassen, was sich zu Beginn als schwierig erwies, denn die Dame verweigerte störrisch persönliche Angaben und wollte stattdessen die Echse küssen. "Oh je", dachte ich. "Wie kommt er denn da jetzt wieder raus?" Aber sehr einfühlsam und ruhig fragte die Echse weiter nach, und plötzlich fühlte sich die Dame gut aufgehoben und begann zu erzählen. Was sie dann über ihre Herkunft und Jugend sagte, war berührend, und plötzlich wurde aus der vordergründig lustigen Nummer ein wunderschöner Programmpunkt.

Immer wieder nahm Michael Hatzius vorher gefallene Themen und Wortspiele auf, brachte sie in neue Zusammenhänge und improvisierte gekonnt und mit Spaß. Das Publikum lachte laut, hörte berührt zu, war gebannt oder machte empört ein tiefes: "Ho-ho-ho!", wenn die Echse mal wieder einen heftigen Spruch rausgehauen hatte. Am Ende spielte der Tod auf seiner Geige und versprach mit schwarzem Humor: "Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt."

Ein toller Abend mit Michael Hatzius, der mit viel Hingabe spielt, schlagfertig improvisiert, mit der Sprache jongliert und stimmige, runde Charaktere sehr sensibel zeigt. Ein intelligenter Abend mit Puppen für Erwachsene. Großartig!