Horst Evers - Horst Evers erklärt die Welt - 06.12.2001 - Köln

Klüngelpütz, Köln

Tja, wie soll ich einen Abend mit Horst Evers auf der Bühne beschreiben? Das Hauptmerkmal daran ist nämlich, dass eigentlich nichts passiert, also zumindest nichts Spektakuläres. Horst Evers steht auf der Bühne und liest seine selbstgeschriebenen Texte vor. Sie handeln von Sachen, die er erlebt hat oder auch nur erlebt haben könnte. Alles beinahe normal, so seltsam wie das Leben eben sein kann und für den Zuhörer sehr gut nachvollziehbar. Liest sich bis hierhin ziemlich langweilig, finde ich, und es passt nicht zur Beschreibung, dass die Zuhörer dabei oft schräg auf den Stühlen hängen und vor unbändigem Lachen nur noch schluchzen.

Vielleicht liegt das auch an Horst Evers. Er sieht ziemlich unspektakulär normal aus, wirkt eher weich als zupackend, und ich würde mich sehr wundern, wenn er in seiner Freizeit für den Berlin-Marathon trainieren, oder andere körperlich anstrengende Hobbies betreiben würde. Auch in einer coolen, staubfreien Designerwohnung kann ich ihn mir überhaupt nicht vorstellen, und ein Mensch, der vor Tatendrang strotzend jeden Tag etwas Neues anfängt, ist er vermutlich auch nicht.

Ich kann mich natürlich täuschen, denn ich kenne ihn ja gar nicht, aber so wie er auf der Bühne rüberkommt, ist er nicht der große Sieger des Alltags, sondern einer, der die täglichen Pannen seufzend, aber ergeben annimmt. Mit scharfem Blick erfasst er sie, ergänzt sie mit ziemlich queren Gedanken und trifft damit den Nerv der Zuhörer. Dabei sind die Texte überhaupt nicht hochintellektuell, sondern so wunderbar klar, dass das ihren großen Reiz ausmacht. Wobei klar ‘klar geschrieben’ nicht ‘klar gedacht’ heißt, denn man muss schon ganz schön seltsame Gedankengänge haben, um auf solche Sachen zu kommen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mich in diesen Gängen wie zu Hause fühle.

Wenn er beschreibt, wie er stundenlang jammernd im Sessel hockt, eine Liste in der Hand, auf der steht, was er noch alles erledigen muss, und schon vom Durchlesen völlig fertig ist, “Boah, habe ich viel zu tun. Wie soll ich das alles schaffen?”, dann kann ich mich darin sofort wiedererkennen. Ich reiße mich ich solcher Situation dann irgendwann zusammen und lege los, aber bei Horst Evers könnte ich mir vorstellen, dass er im Sessel sitzenbleibt, bis es Zeit ist, ins Bett zu gehen. Das macht ihn mir ungeheuer sympathisch.

Das soll aber nicht heißen, dass er müde auf der Bühne rumsteht. Er wirkt sehr lebendig, locker und nett, und trotz der spärlichen Haare auf dem Kopf recht jung. Es ist nur so eine grundsätzlich geduldige Lebenseinstellung, die wunderbar rüberkommt. Wenn er mit großen Augen berichtet, wie Monika am Telefon mit ihm Schluss macht und er danach lange überlegt, woran diese Beziehung gescheitert ist, aber irgendwann raus kommt, dass er gar keine Monika kennt, löst jeder weitere Satz von ihm nur noch schallendes Gelächter beim Publikum aus.

Sehr schön auch, dass es immer wieder verbindende Punkte zwischen einzelnen Geschichten gibt. Er erzählt die Geschichte von einem GEZ-Mann, der ihm den Fernseher wegnimmt, und erwähnt in später immer mal nebenbei, dass er keinen Fernseher mehr hat. Schon die Erwähnung löst dann einen Lacher aus. Sollte ich mit einer akuten Blinddarmentzündung ins Krankenhaus müssen, würde ich wahrscheinlich bis zur Narkose blöde Medizinerwitze reißen, weil die mir wohl als erstes in den Kopf kommen.

Obwohl ich viele der Stücke schon kannte, musste ich mir einige unaufhaltsame Lachtränen wegwischen und hatte die Mundwinkel oft unverrückbar, und wie von Magneten angezogen, in Ohrläppchennähe hängen. Es war einfach sehr gut, und der mit letzter Kraft ausgestoßene Ausruf einer verzweifelt japsenden Zuschauerin: “Ich kann nicht mehr!” traf den Kern.

Wunderbar! Sehr guter Humor, treffende Beobachtung und wirklich klasse.