Horst Evers - Horst Evers erklärt die Welt - 08.06.2002 - Düsseldorf

Kom(m)ödchen, Düsseldorf

Horst Evers hatte ich schon öfter gesehen, aber noch nie in Düsseldorf. Auch mich hatte Horst Evers noch nie in Düsseldorf gesehen, und damit hatten wir fast etwas gemeinsam. OK, ist ein ziemlich seltsamer Zusammenhang, aber mir gefällt er.

Wenn Horst Evers die Welt erklärt, kann das völlig neue Erkenntnisse bringen. Er sieht Sachen nämlich manchmal aus einem ganz anderen Blickwinkel und lässt die Zuschauer staunen. Oder sie prusten lachend los. Dabei ist seine Bühnenshow nicht mal spektakulär. Zufällig bekam ich vor dem Auftritt die Absprache mit dem Lichttechniker über das Bühnenlicht mit.

Lichttechniker: “Was ist mit dem Bühnenlicht?”
Horst Evers: (überlegend) “ Jaaaaa - einfach an.”
Lichttechniker: “Und zur Pause?”
Horst Evers: “Aus machen.”
Kurze Pause, in der alle amüsiert gucken
Dann Horst Evers, völlig ernst: “Und nach der Pause wieder an machen.”

Das Programm begann mit einem lockeren, witzigen Einstieg über die Fußball-WM und der Verwechslung von englischen Fußballfans mit den demonstrierenden Studenten, die an diesem Tag durch Düsseldorf gezogen waren. Das Publikum lachte offen und ließ sich entspannt auf den Abend ein. Horst Evers verband die vorgelesenen Geschichten mit kleinen, lebendigen Zwischenmoderationen, bei denen er sehr nah und natürlich rüberkam.

Ich überlegte, was den Reiz von Horst Evers ausmachte. Vielleicht seine Normalität. Er war so ganz unspektakulär und freundlich,und zog keine große Show ab. Im Gegenteil, so richtig gut zu gelingen schien ihm nicht viel, wie aus seinen Texten zu erfahren war. Irgendwie war er nicht für die harte Welt geeignet, und mit seiner ruhigen, manchmal etwas hilflosen Ausstrahlung löste er ein unterschwelliges Beschützersyndrom aus. Andererseits kam er dann doch erstaunlich gut zurecht und brauchte keine Hilfe, weil er sich im Ernstfall einfach ins Bett zurückzog, in der Küche mental Wasser zum Kochen brachte oder sonstwie aus der Gefahrenzone ging.

Keine Ahnung wie der echte Horst Evers war, aber die Bühnenfigur Horst Evers kam glaubhaft, überzeugend und ‘rund’ rüber. Wenn die Welt über ihm zusammenbrach, setzte er sich erstmal in den Sessel und wartete geduldig ab, was auf ihn zukam.

Genüsslich hörte ich den ausgefeilten Texten zu und grinste breit, wenn besonders schöne Stellen kamen. Ich liebe es, wenn der eine Absatz mit einem kategorischen “Ich steige NICHT in Wolfsburg aus!!” endet und der nächste Satz mit einem resignierten “Als wir in Wolfsburg ausstiegen....” anfängt.

Die Pause erklärte Horst Evers offiziell zur ‘Freizeit’, “da kann jeder machen was er will.”, bot bewusst kein Beschäftigungsprogramm an und erklärte ausführlich, warum er diese “relativ klassische Aufteilung Programm-Pause-Programm” gewählt hatte.

Im Verlauf des Abends lachte das Publikum zunehmend schneller und hemmungsloser. Wenn ich mich umblickte, sah ich nur offene Lachgesichter, die gespannt auf die Bühne guckten. Die Stimmung im Saal war klasse. Bei vielen Zuschauern war der Nerv getroffen, was an dem glucksenden, nach Luft schnappenden Lachen hören konnte.

Ein hilfloses “Nicht zu fassen!” aus der Reihe hinter mir war die Reaktion auf weitere abgedrehte Evers-Gedanken, und ich überlegte, ob man im Gesicht Krämpfe kriegen kann, wenn die Wangen vom Lachen schon richtig wehtun und man sie einfach nicht in eine neutrale Stellung zurückkriegen kann.

Schließlich kam sogar Horst Evers aus dem Konzept, als er bei einer Geschichte mit der zweiten Zeile anfing, verblüfft abbrach und verwundert fragte: “Geht Ihnen das auch so, dass Sie einen Satz vergessen und mitten im Text anfangen?” Er musste selber sehr lachen und konnte nicht einfach weitermachen. “Jetzt sind wir etwas aus dem Takt. Speziell ICH.” Liebevolles Gelächter im Publikum und eine weitere Sympathiewelle schwappte auf die Bühne. Einfach klasse.

Am Ende viel Beifall und ganz neue Erkenntnisse über die Welt.

Mein Tipp: Wunderbar abgedrehte Gedanken, sehr komisch, unbedingt hingehen!