Klaus Lage - Alleingang - 26.02.2013 - Erftstadt

Kulturkreis Erftstadt, Schulzentrum Erftstadt-Lechenich

Nein, es war kein Lagerfeuer, an dem wir an diesem Abend saßen, unsere Stühle standen in einer etwas in die Jahre gekommenen Schulaula. Meine Überschrift ist also objektiv gesehen nicht ganz korrekt. Aber den ganzen Abend über fühlte ich mich immer wieder wie in einer gemütlichen privaten Runde vor dem knackenden Feuer, in der erzählt, gelacht und gesungen wurde. Klaus Lage war ganz ohne Band auf Tour, hatte zwei Gitarren und eine Ukulele dabei, erzählte kleine Geschichten aus seinem Leben, und wirkte dabei so entspannt, geerdet und familiär, dass ein Lagerfeuer gut zur Stimmung gepasst hätte.

Der Eingangsapplaus, der ihn kräftig und warm begrüßte, erfreute ihn schon sichtlich. „Ja, ich freu mich auch!“, grinste er über das ganze Gesicht und legte sofort mit „Wenn das alles ist“ los. Diese Stimme! Diese unverwechselbare Klaus-Lage-Stimme! Kraftvoll, soulig und immer noch so jung wie in den Achtzigern. Mit Geschichten und Liedern ging es von der Geburt über die Kindheit bis zu den ersten Erfolgen in Berlin, und immer wieder gab es Gelächter im Publikum, wenn er verschmitzt eine Pointe setzte oder über die kleinen Pannen im Leben berichtete. „Meine Mutter erwartete nach zwei Mädchen das dritte. Ich sollte Rosemarie heißen.“

„Ich bin wieder Zuhaus“ oder “Komm, halt mich fest“ nur mit einer Gitarre zu hören, war ungewohnt, aber es funktionierte erstaunlich gut. Die Texte kamen noch ein bisschen mehr in den Vordergrund, und weil es so oft kleine Geschichten sind, die eine Aussage haben, lohnte sich das Zuhören sehr. Klare Texte ohne Geschnörkel und Drumherumgerede, Alltagssprache, die trotzdem poetisch ist. Klaus Lage konnte nicht nur kraftvoll, rockig und laut singen, er sang auch die leisen Balladen sehr schön, mit diesem typischen rauen Ton in der Stimme, der gleichzeitig aber auch warm und berührend war. Und er konnte anscheinend immer noch mühelos und leicht bis ganz nach oben kommen, auch wenn in den ruhigen tiefen Lagen fast eine Bassstimme zu hören war.

Bis in die ersten Erfolge der Achtziger Jahre ging es im ersten Teil des Konzertes, nach der Pause folgten die Jahre danach. „Monopoli“ und „Faust auf Faust“ waren natürlich Lieder, bei denen mitgesungen wurde, und beim wunderschönen „Mit meinen Augen“ gab Klaus Lage sogar den Einsatz für die Publikumsstimmen, die einige Zeilen ganz alleine übernahmen. “Ihr müsst sie nur einmal mit meinen Augen seh’n, die absolute Frau, ihr würdet mich versteh’n ....” Aber auch leise, nachdenkliche Stücke wie „Gutes Ende“ kamen intensiv rüber, und ich sah die Parallele zu “Der letzte Koffer” von Purple Schulz. Die Musikhelden der Achtziger waren älter geworden, standen noch mitten im Leben, sahen jetzt aber mit anderem Blick in die Zukunft. Nicht depressiv oder resigniert, eher in sich ruhend und weise. Ich fand das sehr schön.

Klar, dass auch „Tausendmal berührt“, der große Hit, im Programm war, und Klaus Lage bezeichnete ihn als Fluch und Segen. „Ich freu mich, dass ich ihn hab“, gab er zu, verhinderte aber den mitgegrölten Partykracher, indem er das Tempo reduzierte und im Refrain ein paar schleppende Takte einbaute. Es machte Spaß, leise mitzusingen, aber in dieser Variante wäre das Lied dann doch kein Hit geworden. Ich fand es aber gut, wie Klaus Lage es liebevoll zur Freude seiner Zuschauer einbaute, aber dann trotzdem Distanz hielt.

Den Abschluss machte das Lied „Zeitreisen“, in dem sein Leben nochmal zusammengefasst war. „Da ist eigentlich alles drin“, grinste er. „Wär natürlich blöd, wenn ich nur diesen einen Song gespielt hätte.“ Ich fand es sehr schön, die Geschichten seines Lebens nochmal zusammengefasst oder sogar mit kleinen Ergänzungen zu hören. Es brachte alles nochmal nah und rundete den ganzen Abend ab. „Ich weiß, wo ich herkomm und ich weiß, wer ich bin“, hatte Klaus Lage in einem Lied gesungen, und das schien mir bezeichnend für ihn zu sein. Ein realistischer Poet mit wunderschöner rauer und doch zarter Stimme.

Das begeisterte Publikum klatschte noch Zugaben heraus, und ganz am Ende sogar noch eine allerletzte, die Klaus Lage dann völlig ohne musikalische Begleitung, nur mit seiner Stimme machte. Das Publikum sollte nur leise schnipsen. Kein Problem.

Das Problem für mich war nur, dass das Schnipsen auf die 1 und die 3 stattfinden sollte, und Klaus Lage das sogar vorher so angegeben hatte. Ich musste wohl oder übel mitmachen, auch wenn mir der Spaß wirklich sehr eingeschränkt wurde. Mensch, Leute, es groovt doch nicht, wenn man auf die 1 und die 3 klatscht! Und das bei so einem schönen Lied wie „Die Liebe bleibt“. Aber vielleicht hatte Klaus Lage Erfahrung mit den diversen Publikumen, Publikae?, Publiken??, und die blieben sowieso nicht bei 2 und 4 und brachten dann in deutscher Gründlichkeit alles durcheinander. Egal. Ich versuche das Schnipsen zu überhören und mich auf diese wunderbare Stimme zu konzentrieren. Und ich dachte dabei: „Vor neun Jahren war ich zum letzten Mal bei einem Klaus Lage Konzert. Bin ich eigentlich blöd? Den muss ich viel öfter mal anhören.“

Am besten lad ich ihn mal mit ein paar Freunden zum Lagerfeuer ein. Das würde wunderbar passen! Und er könnte ganz genau so seine Geschichten erzählen und zwischendurch Lieder zur Gitarre singen. Also MIR würde das gefallen.