Wie ich die Wise Guys kennenlernte

Es war Anfang der 90er Jahre. Ich wohnte mit dem Gatten und zwei kleinen Kindern in Köln. Dass es dort eine A-cappella-Gruppe gab, die ab und zu in der Fußgängerzone sang, war uns zu Ohren gekommen. Und auch, dass das nicht die Kelly Family war. Irgendwelche "Guys" zogen da rum. Wir hatten selber einige Jahre vorher hin und wieder A-cappella in derselben Fußgängerzone gesungen (was viel Spaß gemacht hat und besonders vor Weihnachten überraschend ertragreich war), und fanden das klasse. Da wir inzwischen aber ins bürgerliche Milieu abgerutscht waren und entweder arbeiten gingen oder mit zwei kleinen Kindern zu Hause waren, trafen wir sie nie in der Fußgängerzone an.

Als wir in dieser Zeit mit dem Auto in Köln herumfuhren, lief im Autoradio der “Kölsche Jung in New York”. Wir hörten sofort aufmerksam zu, fragten uns freudig lachend: "Was ist das denn?" und wussten nicht, wer es singt. Erfuhren wir damals auch nicht. Aber dass ich immer noch weiß, dass wir in diesem Moment bei sonnigem Wetter auf der Aachener Straße stadtauswärts fuhren, zeigt schon, dass ich sofort davon berührt wurde.

Beim Fernsehgucken sah ich dann 1996 zufällig einen netten, bezopften Kandidaten bei “Geld oder Liebe” und hörte sehr aufmerksam zu, als er mit seiner Gruppe in der Sendung sang. “Oh, A-cappella. Das sind doch die aus Köln!”

Einige Wochen später stand der Bass unserer früheren A-cappella-Gruppe vor der Tür und schenkte uns die CD “Haarige Zeiten” von den Wise Guys. Er war begeistert und schwärmte uns von dem Konzert vor, auf dem er gewesen war und wie nett die fünf wären. Wir hörten die CD sofort an, fanden sie zum Teil ganz gut, zum Teil nicht und waren nicht überzeugt.

1997 sah ich die Wise Guys wieder als Gäste bei Jürgen von der Lippe. Die waren ja wirklich nett, konnten auch gut singen, aber trotzdem haute mich ein Lied wie “Alles Banane” nicht vom Hocker. Ich blieb aber interessiert. Als wenn ich geahnt hätte, dass es mir mal mehr bedeuten würde.

Im Juni 1998 gaben die Wise Guys ein Konzert im Nachbarort und wir gingen etwas skeptisch hin. Was auf CD noch ganz gut klingt, kann live furchtbar sein. Und wenn das, was auf ihrer CD zu hören war, schon das beste, im Studio noch nachbearbeitete Ergebnis war, mussten wir im Konzert wohl einige Abstriche machen.

Das Wise Guys Konzert begann, die Jungs kamen zügig nach vorne und stellten sich auf. Ich dachte: “Die sehen ja wirklich nett aus. Mal sehen, ob sie auch singen können.” Die ersten Töne des Openers erklangen: “Lauft nicht zur Theke, geht nicht aufs Klo, hier kommt die Wise Guys A-cappella-Show!” und ich lächelte und dachte: “Hey! Das hört sich ja schon gut an!” Und dann sangen sie weiter: "Wir sagen schönen guten Abend, meine Damen und Herrnnnnnnn ..." und damit hatten sie mich. Der lange Ton auf dem "nnnnnnn" am Ende von "Herr’n". Meine skeptische Stimmung schlug sofort in Begeisterung um, und ich fand das ganze Konzert nur noch toll. Ein Satz hatte ausgereicht, eigentlich sogar das erste schöne, sehr harmonische "nnnnnnn". Ich weiß, das hört sich jetzt ziemlich unkritisch an, aber ich war wirklich sofort überzeugt.

Ich kannte ihre Namen noch gar nicht, aber ich merkte, diese Wise Guys waren total sympathisch, konnten richtig gut singen und machten eine sehr gute Show. "Der-Große-mit-den-Locken” erzählte irrsinnig komische Sachen, "Der-mit-dem-Zopf-aus-Geld-oder-Liebe” hatte eine so wunderschöne Stimme, “Der-Blonde” und “Der-mit-diesem-indischen-Namen” waren klasse und “Der-Bass” so richtig knuffig. Es war ein wunderbarer Abend, und ich wusste nicht erst nach dem umwerfenden “More than words” am Ende des Konzertes, dass wir demnächst nochmal zu einem Wise Guys Konzert gehen würde! Dass es dann recht viele wurden, konnte ich da noch nicht ahnen. Auch noch nicht ahnen konnte ich, dass mein blöder Gedanke: "Mit denen wäre ich gerne befreundet", den ich während des Konzertes hatte, dann ebenfalls wahr wurde.

Zwei Jahre später kannte ich nicht nur ihre Namen und hatte sie nach mehreren Konzerten bei den Afterglows getroffen, ich hatte mich auch gut mit ihnen unterhalten und gut gemeinsam lachen können. Als ich spontan ein Open-Air-Konzert mit einer Videokamera aufnahm und ihnen die Aufnahme danach schenkte, fragte Dän etwas später an, ob wir auch mal Aufnahmen von einem Innenkonzert machen würden. Mit dem Gatten zusammen begann ich hin und wieder Konzerte oder Backstage zu filmen, ich schrieb die ersten Berichte über Konzerte und stellte meine ersten Wise Guys Seiten ins Internet. Aus Spaß gab es kleine Video-Clips, ich fotografierte, dachte mir Aprilscherze aus, Dän nahm in unserem Kellerstudio Demos auf, der Gatte fuhr mit zu Kreativblöcken, ich saß bei großen Konzerten in der Bildregie und bereitete die vielen Einspieler und Extras für die Leinwand vor. Es war ein spannende, aufregende, tolle Zeit, in die ich viel Begeisterung, Liebe und Kreativität steckte. Eine Zeit, die ich nicht missen möchte, in der ich viel lernen konnte, völlig unbefangen und mit Spaß auch an große Projekte ging und in der ich mit meinen Ideen einiges bei den Wise Guys unterstützen und einbringen konnte. 

 

 

Die Konzertsäle wurden größer, die Gruppe erfolgreicher, irgendwann war es soweit, dass alles größer und erfolgreicher laufen sollte, die Konzertorte weiter weg waren, die Wise Guys mit professionellen Filmern arbeiten wollten, neue Ideen aufkamen und ich nicht mehr gut dabei sein konnte und auch nicht mehr richtig passte. 2010 machte ich die letzten Einspieler und Clips für die Totalnacht und verabschiedete mich dort mit dem Ikea-Clip und dem Star-Trek-Video.

Auch wenn ich inzwischen mit anderen Dingen beschäftigt bin, besuche ich doch immer mal wieder ein Wise Guys Konzert und freue mich jedesmal, wenn ich "die Jungs" wiedersehe. Einmal große Liebe, immer große Liebe.