Wise Guys - 20.09.2000 - Rhein-Mosel-Halle - Koblenz

Vorbericht:

Das Koblenz-Konzert verfolgte mich seit Wochen. Es blieb mir sozusagen dicht auf den Fersen. Und ich war am Ende wehrlos. Alles begann in diesem seltsamen Sommer 2000, der eigentlich gar keiner war. Schon das hätte mir auffallen müssen. Als ich zum ersten Mal vom Wise Guys Konzert in Koblenz las, war der Gedanke, der mir sofort durch’s Hirn schoss: “Da geh’ ich hin!” Alles schien klar. Kurz vor dem Kartenkauf plötzlich ein Anruf. Es war eine nicht auszuschlagende Einladung als Helfer zu einem Wochenend-Umzug. In Koblenz. Genau an den beiden Tagen nach dem Konzert. Mist!

Ich begann messerscharf zu überlegen: Freitags 100 km zum Konzert nach Koblenz fahren, in der Nacht 100 km zurück. Samstags wieder 100 km nach Koblenz, und zwar sehr, sehr früh. Sessel und Kisten schleppen, abends zurück. Sonntags erneut nach Koblenz, um Schränke zu verdübeln und Lampen anzuschließen. Und abends zurück. Irgendwie kam es mir viel vor. Ich wälzte meine Überlegungen im Kopf von rechts nach links (ich bin blond, da ist viel Platz) und kam zu dem einen Ergebnis: Das Wise Guys Konzert mußte für mich ausfallen. Schwer getroffen brach ich zusammen - innerlich. Äußerlich trug ich es enttäuscht, aber mit Fassung. Auch ein Umzug kann schön sein. Manchmal.

Zwei Wochen vor dem Konzert durchzuckte mich fast täglich ein Gedanke: “Soll ich nicht doch?” Ich blieb ganz cool und beherrschte mich, so schwer es auch fiel. Ein Rest von Verstand war mir geblieben, auch wenn täglich daran genagt wurde. Aber ich war noch nicht wahnsinnig. Außerdem war das Konzert mit Sicherheit längst ausverkauft. Ich trug nun täglich eine Sonnenbrille, hinter der ich meine rotgeweinten Augen verbergen konnte. Es war hart. Ich mußte dieses Wise Guys Konzert vergessen und wurde bei jedem Stuhl, gegen den ich in der plötzlichen Dunkelheit meiner Wohnung rannte, daran erinnert.

Vier Tage vor dem Konzert stand plötzlich auf der Wise Guys Homepage, dass es noch viele Karten gab. Ich versuchte gelassen zu bleiben, fiel aber fast rückwärts vom Stuhl. “Soll ich nicht doch??” “Nein, sei vernüftig!”, blaberte mein Gewissen los. “Du hast am Tag nach dem Konzert einen harten Auftrag vor dir, und wenn du den totmüde antrittst, ist es noch schlimmer! Außerdem,” flüsterte es gehässig, “können die Wise Guys am nächsten Morgen ausschlafen, während dein Wecker um 6 Uhr klingelt. Die drehen sich im Bett gerade um, wenn du schon die Bücherkisten durchs Treppenhaus schleifen mußt!” Seufzend gab ich auf. Mein Gewissen hatte Recht. Es stand schlimm um mich, aber es war nicht hoffnungslos. Ich blieb ein vernunftgesteuertes Wesen.

Am Freitag fuhr ich natürlich doch nach Koblenz. Und nicht alleine. Ich hatte, um das Gewissen zu überlisten, die ganze Familie eingepackt. Und wir blieben nicht zu viert. Millionen von Autos scharrten sich um uns, um unseren Weg nach Koblenz zu begleiten. Es war Ferienanfang, und die Staumeldungen im Autoradio waren länger als die abgespielten Lieder. Dieser Konzertbesuch wurde immer seltsamer.


Und hier nun endlich: Der Konzertbericht:

Vor der Halle, die wir endlich um kurz vor 19 Uhr erreichten, warteten erst etwa 20 Besucher. Nicht gerade viel für die Wise Guys, vielleicht aber ein gutes Ergebnis für Koblenz. Dabei hatten wir die Gegend für den Einzugsbereich um Köln herum gehalten, aber Rheinland-Pfalz ist irgendwie doch weiter weg.

Kurz vor 20 Uhr waren etwa 200 Leute im Saal. Damit stellte unsere Familie mit 4 Mitgliedern etwa 2% der Konzertbesucher. (Ich galt damit als ein halbes Prozent, fühlte mich aber sehr gut dabei.) Es war aber schon ein etwas ungewohntes Gefühl, mit so wenigen Leuten auf den Beginn des Konzertes zu warten. Für die Wise Guys war es nach den großen Philharmonie-Konzerten in Köln sicher eine Umstellung, aber für mich als Zuschauerin sehr angenehm.

Das Programm begann, und auch die etwa 100 Neuhörer merkten schnell, dass sich der Besuch der Rhein-Mosel-Halle an diesem Abend lohnte. (Däns Bemerkung, dass sich die Koblenzer weder für Rhein-, noch für Moselhalle hätten entscheiden können, brachte großes Gelächter.) Der Klang war sehr schön, die Stimmen waren klar und verständlich und die Atmosphäre überhaupt sehr nett und persönlich. Im Gegensatz zu großen Sälen kommt a-cappella-Gesang in den kleineren Räumen viel schöner rüber. Machte sehr viel Spaß beim Zusehen und -hören.
 
Besonders das “portugiesische” Lied, “Geh nur ja nie in die Bar da”, (ich weiß immer noch nicht, ob es so heißt) war wieder wunderbar leicht und schön. Und das Trompetensolo war extraklasse. Miles Davis läßt grüßen.

“Bleib wie du bist” war schön rund. Der Hintergrundchor war gut aufeinander abgestimmt und Dän sang die Leadstimme sehr ruhig und mit einem leisen Lächeln, das man hören konnte. Sehr schön. “Ohne dich” mit Eddi könnte sich noch zum Knaller entwickeln. Text und Musik sind einfach klasse, es kommt sehr gut rüber und hat Hitqualitäten. Da müßte man doch was draus machen können. Auch Saris’ “Willst du mit mir gehn?” ist musikalisch sehr mitreißend und Text und Show sind einfach klasse!

Bei “Sexbomb” klatschten die 200 Zuschauer, als wären sie doppelt so viele und es gefiel mir besser als in der Philharmonie. Es machte viel Spaß Ferenc zuzusehen, der in seinem Glitzerfrack sehr locker und augenzwinkernd über die Bühne tigerte.

Als Zugaben nach einem wirklich schönen Konzert brachten “Schlag mich, Baby” und “Ich will keine a-cappella” die Leute nochmal zum Jubeln. Und dass das Konzert ein Erfolg war, konnte man an den vielen neu erstandenen CDs und Kalendern sehen. Einer kaufte sogar einen kompletten Satz Wise Guys CDs. Von “Dut-dut-duah” bis “Live”. Vermutlich für eine private Total-Nacht.
 

Im Anschluss an das Konzert gab es noch einen netten Afterglow.   

 

Unvollständige Liederliste:

Genurjanie
Bleib wie du bist
Ohne dich
Willst du mit mir gehn
Sexbomb
Schlag mich, baby
Ich will keine A-cappella


Nachbericht:

Es ist jetzt 1 Uhr 30 in den Morgenstunden nach dem Konzert. Ich weiß immer noch nicht, warum gerade dieses Konzert so seltsame Begleitumstände hatte. Und warum ich gerade zu diesem Konzert gehen wollte. Aber es war sehr schön und hat sich auf jeden Fall gelohnt! Auch wenn in 4 1/2 Stunden der Wecker klingelt und wir schon wieder nach Koblenz fahren. Ob ich allerdings auch einen Bericht über den Umzug von diesem Wochenende schreibe, bezweifel ich stark.